Am 26.11.2024 fand im Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr des Bayerischen Landtags auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/ die Grünen eine Anhörung zum Thema „Bauen im Bestand“ statt.
Angesichts gesellschaftlicher Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcenknappheit und Energiekrise muss der Kreislauf von fortwährendem Abriss und Neubau unterbrochen werden. Denn der Bau von Gebäuden und die Herstellung der dafür verwendeten Materialien verursachen Unmengen an CO2-Emissionen und versiegeln Flächen. Daher forderten wir Grüne mit einem Antrag, dass der Ausschuss für Wohnen, Bau und Verkehr eine Anhörung zum Thema „Bauen im Bestand“ durchführt. Im Rahmen der Anhörung sollte beleuchtet werden, welche rechtlichen Rahmenbedingungen und sonstige Maßnahmen notwendig sind, um nachhaltiges Bauen und die Weiternutzung von Bestandsgebäuden insbesondere im Bauordnungsrecht zu erleichtern.
Das Sachverständigen-Podium reichte von Vertreter*innen des Bayerischen Bauindustrieverbands, der Bayerischen Ingenieurkammer, der Bayerischen Architektenkammer, bis zum Bauen im Bestand e.V.. Als Sachverständige haben die Landtags-Grünen Christina Patz von Architects for Future benannt.
Zwischen den Expert*innen herrschte Einstimmigkeit, dass das Bauen im Bestand zukünftig Neubauten vorgezogen werden müsse. Wollen wir die Klimaschutzziele im Gebäudesektor in Bayern erreichen, müssen wir den Fokus auf den Erhalt und die Ertüchtigung der vorhandenen Bausubstanz richten. Denn durch die Sanierung des Gebäudebestands können wir im Vergleich zu Abriss und Neubau erhebliche CO2-Emissionen und Ressourcen einsparen.
Allein bei den Ideen zur Umsetzung entstanden Diskussionen. Eigentlich wünschten sich die Expert*innen einstimmig ein Weniger an Regulierung, da beispielsweise Brandschutzvorgaben, Abstandsflächen, Stellplatzverordnung oder Barrierefreiheit im Bestand oft nicht umgesetzt werden können. Hier wurden konkrete Wünsche an den Freistaat Bayern geäußert, die vor allem Änderungen der Bayerischen Bauordnung betreffen. Das Problem sei, dass die Bayerische Bauordnung keinen Unterschied zwischen Neubau und Umbau mache. Daher müsse die Bauordnung zu einer Umbauordnung weiterentwickelt werden, die Bauen im Bestand und kreislauffähiges Bauen als das neue „Normal“ anerkennt.
Zudem müssten die Förderprogramme auf das Bauen im Bestand ausgerichtet werden. Der Einsatz von CO2 reduzierenden Baumaterialien und die Kreislauffähigkeit der verwendeten Materialien müssten in der Förderlandschaft priorisiert werden. Hier ist die Staatsregierung gefordert.
Praktische Probleme der Kreislauffähigkeit, wie der schonende Ausbau von Fenstern, deren Zwischenlagerung und Verfügbarkeit, sind ebenfalls noch ungelöst auf dem Weg zu einem besseren Bauen. Von Christina Patz, Architects for Future, wurde dazu eine Bauteilbörse vorgeschlagen. Es brauche eine nötige Infrastruktur um die Wertstoffe wieder in einen Kreislauf zu führen. In anderen Bundesländern gäbe es schon seit den 60ern Baustoffbörsen.
Auch plädierte Patz für die Wiedereinführung einer Abrissgenehmigung, da den Bauherr*innen oft nicht bewusst sei, welche wertvollen Baustoffe im Bestand seien. Zudem brauche es Rückbaukonzepte für die Gebrauchtteilegewinnung.
Eine weitere Idee war ein lebenszyklusorientierter CO2-Ausweis. Er könnte helfen, die tatsächlichen Emissionen über die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes zu bewerten und so Sanierungen attraktiver zu machen.
Es gibt viele Baustellen, um die sich die Staatsregierung kümmern muss, zentral sind aber: Deregulierung, Entbürokratisierung, ausmisten, vereinfachen. Gleichzeitig muss sie sich um Ressourcen kümmern, durch Förderung die Umstellung auf Kreislaufwirtschaft und Bauen im Bestand vorantreiben und den Fokus auf nachhaltige Baustoffe richten.
Für Ursula Sowa liegt die Zukunft des Bauens in einer Umbaukultur.
„Angesichts gesellschaftlicher Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcenknappheit und Energiekrise muss der Kreislauf aus Abriss und Neubau endlich unterbrochen werden. Dafür braucht es eine Bauordnung, die konsequent das Weiter- oder Wiederverwenden von vorhandener Bausubstanz fördert“
Aus Gründen der CO2-Einsparung und Ressourcenschonung darf ein Abriss künftig nicht mehr die Empfehlung der Bausachverständigen sein. Nun ist die Staatsregierung gefragt, die Vorschläge der Expert*innen aufzugreifen und endlich Vereinfachungen für das Bauen im Bestand auf den Weg zu bringen.