Wenn sich hinter Eternit-Platten denkmalwerte Schmuckstücke verstecken. Ein Besuch mit Detektiv-Charakter und ein Städtchen im Umbruch.
Ihre jährliche Denkmal-Tour durch Bayern führte meine Kollegin Dr. Sabine Weigand ins oberfränkische Münchberg. Unser Kollege Tim Pargent und ich durften sie begleiten. Hintergrund des Besuchs ist die Teilnahme Münchbergs am „Kommunalen Denkmalschutzkonzept“ (KDK) des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege. Die beteiligten Expert*innen stellten bei einer kleinen Stadtführung die Besonderheiten Münchbergs aus denkmalpflegerischer Sicht heraus.
Über 650 Jahre ist Münchberg schon alt. Das einschneidenste Ereignis in der Stadtentwicklungsgeschichte war ein Brand in den 1830er Jahren, dem ein großes Gebiet im Herzen der kleinen Stadt zum Opfer fiel. Danach wurde der Stadtteil wieder aufgebaut: Im Zentrum steht die Ludwigstraße, mit einem klaren Konzept im klassizistischen Stil, ursprünglich zweistöckige, traufständig zur Straße gebaute Häuser mit einem auffälligen Zwerchhaus oder mehreren kleinen Dachgiebelfensterchen.
Man muss oftmals so etwas einen „Röntgen-Blick“ einsetzen, um den Denkmalwert zu erkennen, wie es Denkmalpflegerin Christiane Reichert formulierte, die das KDK in Münchberg begleitet. Oft sind die alten Fassaden heute mit Eternit verkleidet, Schaufensterfronten im Erdgeschoß eingezogen, Geschoße wurden aufgestockt – darunter und dahinter finden sich dann aber alte Gesimse, Fensterschürzen oder Türlaibungen von historischer Bedeutung. Die Ludwigstraße in Münchberg ist so gesehen ein kleines Juwel, von dem man die Kruste der Jahrzehnte erst abkratzen muss. Aber es lohnt sich aus meiner Sicht.
Die denkmalgerecht sanierten Gebäude bilden schon jetzt beeindruckende Schmuckstücke zwischen teils stark überformten, in ihrer Historie nahezu unkenntlich gemachten Gebäuden. Leerstand ist allerorten zu verzeichnen, und die Gefahr des Verfalls lauert an jeder zweiten Ecke. Aber die historische Struktur ist erkennbar und schält sich hoffentlich langsam heraus. Ziel von Bürgermeister Zuber ist es deshalb auch, einen Prozess bei den Bürger*innen in Gang zu setzen, bei dem das KDK eine wesentliche Rolle spielt. Das Bewusstsein und Selbstgefühl für die lokale schätzenswerte Geschichte vor und hinter der eigenen Haustür will man wecken und so das Engagement der Bürger*innen in Richtung Sanierung wecken.
Ich bescheinige der oberfränkischen Kleinstadt, die in einer wunderschönen Landschaft eingebettet liegt, eine beachtliches Potential und prognostiziere eine vielversprechende touristische Zukunft. Noch nicht auf den ersten, aber umso nachhaltiger auf den zweiten Blick vermag Münchberg es, in seinen Bann zu ziehen und das Gefühl zu vermitteln, einen kleinen verborgenen oberfränkischen Schatz gefunden zu haben. In Zeiten, die zu überlaufenen Schwarmstädten mit explodierenden Miet- und Grundstückspreisen tendieren, sollten gerade Orte wie Münchberg die Alternative entwickeln – zurück ins Kleine, Überschaubare, Naturnahe, Geschichtsträchtige. Ich bin sicher, die Zeit solcher Orte wird kommen … die Zeit Münchbergs wird bald kommen.