Wie kann Abbruch- und Aushubmaterial aus Bauprojekten sinnvoll rezykliert werden? Welche Voraussetzungen braucht es, damit zirkuläres und nachhaltiges Bauen nicht nur eine Vision bleibt?
Diese Fragen standen im Zentrum eines Gesprächs mit dem Baustoffproduzenten Leipfinger‑Bader. Gemeinsam mit Fraktionskollegin Barbara Fuchs besuchte Ursula Sowa das familiengeführte Unternehmen in Vatersdorf, um Lösungen für die Zukunft des Bauens zu erkunden.
Innovation trifft Tradition
Leipfinger‑Bader zählt zu den Vorreitern seiner Branche: Als erstes Ziegelwerk in Deutschland hat es einen vollständig geschlossenen Rohstoffkreislauf etabliert. In der firmeneigenen Recyclinganlage wird Ziegelbruch aufbereitet und zu neuen Produkten verarbeitet, zum Beispiel dem „Kaltziegel“ – einem Ziegel aus Recyclingmaterial, der ohne Brennen auskommt und somit eine positivere CO₂-Bilanz erreicht. Für dieses Konzept erhielt das Unternehmen 2023 den Bayerischen Ressourceneffizienzpreis.
Der Ursprung des Unternehmens liegt über 200 Jahre zurück, doch das heutige Portfolio ist kein Relikt der Vergangenheit: Leipfinger‑Bader hat sich zu einem Systemanbieter für nachhaltiges Bauen entwickelt – trotz herausfordernder wirtschaftlicher Rahmenbedingungen.
Strategie und Entwicklung
Unter der Leitung von Thomas Bader (seit 2007) wurde das Unternehmen strategisch weiterentwickelt. Das Produktspektrum wuchs über den klassischen Ziegel hinaus: Lehmprodukte, Lüftungs- und Heizsysteme, Boden- und Deckensysteme, Fassadenlösungen und Rollladenkästen ergänzen das Angebot. Parallel dazu wurden Modernisierungen der Standorte umgesetzt, um Energieverbrauch und CO₂-Emissionen zu senken.
Die besondere Stärke von Leipfinger‑Bader liegt in der Materialkompetenz, konsequenter Forschung & Entwicklung sowie enger Partnerschaften mit Wissenschaft, Bauwirtschaft und Kommunen. Ziel ist klar: Prozesse optimieren, Ressourcen bewahren und zukunftsfähiges Bauen ermöglichen.
Ein Meilenstein in Richtung serielles und modulares Bauen ist die Gründung der Leipfinger‑Bader Ziegelmodule GmbH. Diese produziert Raummodule in Ziegelbauweise mit einem Vorfertigungsgrad von über 90 % – eine effiziente und nachhaltige Antwort auf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum.
Chancen & Hürden im Praxisalltag
Trotz Innovationskraft trifft das Unternehmen immer wieder auf praktische Hemmnisse. In Gesprächen mit Thomas Bader, Caterina Bader (Geschäftsleitung) und Stefan Gruber (Leiter Ziegelmodule) wurde deutlich:
- Materialversorgung: Zwar existieren deutschlandweit große Mengen an Bau- und Abbruchabfällen (mehr als 214 Mio. Tonnen jährlich), doch große Teile landen auf Deponien – nur etwa ein Fünftel wird recycelt.
- Genehmigungsverfahren: Um Abraum und Aushubmaterial als Rohstoffe zu nutzen, sind komplexe Genehmigungen nötig. Leipfinger‑Bader musste selbst Schritte zur Zwischenlagerung und Genehmigung initiieren. Auch bei Lehm- und Tonabbau ist der Umgang mit Behörden oft langwierig und interpretationsbedürftig.
- Behördenpraxis und Auslegungsspielräume: Zwar ist die Zusammenarbeit grundsätzlich gut, doch in Detailfragen bestehen regelmäßig Diskussionspunkte.
Trotzdem bleibt das Unternehmen nicht passiv: Es treibt Eigeninitiativen voran, entwickelt neue Recyclingprozesse und beteiligt sich aktiv an Pilotprojekten mit Partnern aus der Bau- und Forschungswelt – mit dem Ziel, die Kreislaufwirtschaft im Bausektor voranzubringen.
Leipfinger‑Bader ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie ein traditionelles Familienunternehmen mit Innovationskraft zu einem Vorreiter nachhaltigen Bauens werden kann. Es leistet bereits Vorarbeit für unsere gemeinsame Zukunft. Jetzt liegt es an der Politik, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen: Recycling muss wirtschaftlich attraktiv werden, damit Abbruch- und Aushubmaterial wieder in großem Maßstab Verwendung finden kann. Und bürokratische Hürden dürfen nicht länger innovative Projekte ausbremsen.