Ein Gastbeitrag aus der Grün Alternativen Zeitung, Ausgabe 93.
Aus allen (Erst- und Zweit-)Stimmen im Wahlkreis errechnet sich, wie viele Sitze einer Partei zustehen. Diese werden zunächst an alle gewählten Direktkandidat:innen vergeben, also die, welche mit den meisten Erststimmen einen Stimmkreis für sich erobert haben. Die restlichen der Partei zustehenden Mandate werden über die Wahlkreis-Liste der Partei verteilt.
Und jetzt kommt’s: Bei der Landtagswahl in Bayern ist es anders als bei der Bundestagswahl, wo man einfach eine Partei ankreuzt. In Bayern haben die Wähler:innen auf ihren Stimmzetteln die vollständigen Wahlkreis-Listen von allen Parteien, mit allen Namen aller Kandidat:innen. Man kann gar nicht anders, man muss sein Kreuz bei einer oder einem der Kandidat:innen machen. Und da ist es völlig egal, ob der oder die nun oben oder unten auf der Liste steht. Das Listenkreuz zählt einerseits für die Parteiliste (bei Berechnung der Sitzverteilung im Wahlkreis, siehe „Kleines Wahleinmaleins – Teil 1“) und andererseits für die Person, die man angekreuzt hat.
Die Wahlkreis-Liste sieht nach der Wahl nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit anders aus als zuvor – weil sich mit den Kreuzen vor den Kandidat:innen auch deren Reihenfolge auf der Liste ändert. Auf Platz 1 steht der oder die mit den meisten persönlichen Stimmen, auf dem letzten Platz der oder die mit den wenigsten.
Die noch verbleibenden Landtagsmandate werden dann nach der nun neuen Listenreihenfolge vergeben. Kandidat:innen von hinten können von den Wähler:innen also noch vorne gewählt werden und so über die Liste in den Landtag einziehen. Rein theoretisch haben also alle Kandidat:innen dieselbe Ausgangsposition. Allerdings sind die Direktkandidat:innen im Vorteil, weil auch ihre Erststimmen für das persönliche Stimmenergebnis zählen. Reine Listenkandidat:innen hingegen können nur Zweitstimmen erhalten.
Beim Bezirkstag funktioniert es ebenso: Mit der Zweitstimme können Wähler:innen die Listenreihenfolge verändern und Kandidat:innen nach vorne und in den Bezirkstag hinein bringen.
Sylvia Schaible