Seit hunderten Jahren wird im Wiesenttal eine besondere Wiesenbewässerung praktiziert – die nun, in Zeiten der Klimakrise, wieder an Bedeutung gewinnt. Dennoch sind die Wässerwiesen inzwischen eine Rarität geworden – werden gar als „Immaterielles Kulturerbe Bayern“ und der Bundesrepublik Deutschland geführt. Ein Antrag auf Aufnahme in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes wurde Ende März zusammen mit sechs weiteren Ländern eingereicht. Mit der Aufnahme in die „UNESCO Welterbeliste“ wird Ende 2023 gerechnet.
„Bis zu zwei Grad kühler ist es im Stadtgebiet Forchheim aufgrund der Wässerwiesen“, so die Landtagsabgeordnete Sowa. Ein Effekt, der schon jetzt bei heißen Temperaturen wünschenswert ist und in den nächsten Jahren infolge der Klimakrise immer wichtiger werden wird. „In immer heißer werdenden Sommern muss jeder Kühleffekt gehütet werden wie ein Schatz“, so die Grünen-Politikerin aus Bamberg. Möglich ist dies durch die klug gemanagte blaue Infrastruktur auf den Wiesen, also die vielen kleinen Wassergräben, die durch angelegte Scheitel- und Sohlegräben sowie Schütze, also kleine Wassersperren, intakt gehalten werden. Dadurch sind die Wiesen stets optimal und schonend bewässert. „Eine traditionelle Technik, von der man heute wunderbar lernen kann.“
„Gerade in diesen trockenen Wochen sieht man den Unterschied sehr deutlich“, sagt die Bundestagsabgeordnete Lisa Badum aus Forchheim. „Während allerorten braune Steppenlandschaft herrscht, wächst hier saftiges Grün.“ Das hat positive Auswirkungen auf den Trinkwasserpegel, die Ökosystemleistungen und natürlich auch auf die Landwirtschaft vor Ort. "Im Zuge dieser gelungenen Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Klimaschutz kümmert sich der Landkreis Forchheim um ein weltweit anerkanntes Erbe", würdigt Badum, Obfrau im Ausschuss für Klimaschutz des Deutschen Bundestags.
Wässerwiesen: ökologisch äußerst wertvoll
Markus Galster, Sprecher der „Wässere“ im Landkreis Forchheim, und Johannes Mohr, Stadtrat in Forchheim, erläutern die Vielfalt dieser naturverträglichen Bewirtschaftungsform und deren Vorteile für das gesamte Ökosystem: Erhalt und Förderung der Biodiversität, erhebliche Kohlenstoffsenke, Reinigung des Vorfluges, Stabilisierung des Grundwasserpegels und damit Beitrag zur Sicherung der städtischen Trinkwasserversorgung und Hochwasserschutz. Sogar für den Brandschutz war, wie der Großbrand in Kersbach zeigte, die Wässerung ein schneller und wesentlicher Lieferant für Löschwasser, um das Übergreifen des Feuers auf den anschließenden Wald zu verhindern.
Der Erhalt dieser positiven Effekte ist jedoch aufwendig. Hinter den Wässerwiesen stehen Genossenschaften, die sich um den Unterhalt und die Nutzung kümmern. Etwa 330 Hektar werden im Landkreis noch aktiv geführt. Für ihren Fortbestand sind die Genossenschaften auf Fördergelder angewiesen. Der Pinzberger Bürgermeister und erster Bauherr, Markus Galster, spricht gar von einer Million Euro benötigter Mittel. Die Abgeordneten Ursula Sowa und Lisa Badum machen sich daher für eine weitere Förderung der Wässerwiesen stark. „Es muss auf Landes- und Bundesebene ein dringendes Anliegen sein, solche Projekte hinreichend zu unterstützen“, machen die Abgeordneten deutlich.
Johannes Mohr, Stadtrat und ehemaliger Vorgesetzter der beiden Wässerwiesen-Projektmanager Julia Schrade und Dr. Roland Lindacher, zudem unermüdlicher Antreiber hinter den Stufen der offiziellen Anerkennung als Immaterielles Kulturgut, ergänzt: „Die Wässerwiesen sind inzwischen auch international anerkannt. Die Vernetzung mit vergleichbaren Projekten in Europa und auch auf der ganzen Welt wird künftig durch neue Informationstafeln, etwa in Pretzfeld, sichtbar. Ein Grund mehr, dies zu würdigen und die auslaufende Finanzierung fortzusetzen.“
Foto: MdB Lisa Badum, "Wässere"-Sprecher Markus Galster, MdL Ursula Sowa