Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag und Ursula Sowa, MdL informieren sich über das „Franken-Gut“-Projekt in Hirschaid
Die Entwicklung eines 180.000 m² großen Industriegebiets im Hirschaider Süd-Osten und die dort geplante Ansiedlung der Edeka Tochter „Franken-Gut“ werden auch überregional kritisch wahrgenommen. Ludwig Hartmann, der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag informiert sich vor Ort über die Planungen und Auswirkungen dieses Großprojektes. Gemeinsam mit MdL Ursula Sowa, Bernd Fricke, dem Fraktionssprecher der Grünen im Kreistag, dem Kreisrat Thomas Ochs, sowie Vertreter*innen des grünen Ortsverbandes Hirschaid besichtigt er das Gelände, auf dem das zukünftige Gewerbegebiet realisiert werden soll.
Wenn es nach dem Willen des Gemeinderates geht, soll hier auf einer Fläche von 74.000 qm eine Fleisch- und Wurstfabrik des EDEKA Tochterunternehmens Franken Gut und ein Logistikzentrum entstehen. Es gibt aber Widerstand gegen dieses Projekt. „In Hirschaid hat sich eine Bürgerinitiative gegründet, die sich kritisch mit dem Bauprojekt auseinandersetzt und mit Unterschriftenlisten den Weg zu einem Bürgerbegehren frei gemacht hat.“, fasst Klaus Gehring, Sprecher des Ortsverbandes der Grünen in Hirschaid zusammen. Auch der grüne Ortsverband habe sich intensiv mit dem Bauvorhaben auseinandergesetzt. Dabei spielen nicht nur die Sorgen vor einer Zunahme der Verkehrsbelastung eine Rolle, eine mögliche Verunreinigung der Abwässer sowie erwartete Geruchsbelästigungen sind ebenfalls wichtige Aspekte. „Klimaschutz beginnt in der Gemeinde. Gerade kommunalpolitisches Handeln nimmt direkt Einfluss auf unsere Umwelt und unsere Lebensqualität hier vor Ort.“, ergänzt der ehemalige Hirschaider Gemeinderat Albert Deml, der seit 2020 für die Grünen im Kreistag sitzt.
Ludwig Hartmann macht deutlich, dass die Hirschaider Planungen symptomatisch für den Umgang mit der Natur- und Kulturlandschaft im Freistaat sind: „Der Flächenverbrauch in Bayern hat im Jahr 2020 sogar noch zugenommen. 11,6 Hektar Äcker, Wiesen und Wälder verschwinden täglich unter Beton und Asphalt. Damit ist der aktuelle Verbrauch mehr als doppelt so hoch als die fünf Hektar Fläche pro Tag, die selbst die Bayerische Staatsregierung anstrebt. Statt maximaler Unverbindlichkeit brauchen wir eine Politik, die denkt bevor der Bagger kommt! Nur so bringen wir den verantwortungsvollen Umgang mit der begrenzten Ressource Boden und eine gesunde Entwicklung unserer Dörfer und Städte zusammen.“
Bernd Fricke ergänzt: „Im Klimaanpassungskonzept für Stadt und Landkreis Bamberg wird für unsere Region ein enorm hoher Flächenverbrauch von 0,4 Hektar pro Tag kritisiert und ein Gegensteuern als unabdingbare Vorraussetzung für weitere Klimaanpassungsmaßnahmen postuliert. Aber anstatt wirksame Gegenmaßnahmen zu treffen, wuchern weiterhin Bau- und Gewerbegebiete aus dem Boden, als würde uns der Klimawandel nichts angehen. Wir können so nicht weiter wirtschaften! Das ist verantwortungslos!“
Nach der Besichtigung vor Ort erfolgt ein reger Austausch mit Vertreter*innen der Bürgerinitiative in der Alten Schule Hirschaid. Unter Einhaltung der Corona-Regeln ist dieser Austausch auf 10 Personen beschränkt, allerdings können Interessierte das Treffen online mitverfolgen und Fragen stellen. Hier kommt ein weiterer wichtiger Aspekt zur Sprache, nämlich die Frage, was mit den restlichen knapp 100.000 qm Gewerbefläche passiert. „Ich persönliche kann mir nicht vorstellen, dass mittelständische Gewerbe zum Beispiel aus der IT-Branche oder dem Bereich Mobilität sich neben der Wurstfabrik ansiedeln wollen. Ich befürchte eher, dass das restliche Gewerbegebiet an Wert verliert, da es eben nur noch für ähnlich ausgerichtete Gewerbe aus dem Bereich der Logistik interessant ist. Damit verpasst Hirschaid die Chance, sich neben dem Energiepark eine weitere Vorreiterrolle mit einem innovativen, ökologisch ausgerichteten Gewerbegebiet innerhalb des Landkreises zu sichern.“, so der Einwand von Sarah Eisenberger, Sprecherin des Kreisverbandes der Grünen Bamberg-Land und Hirschaiderin. Ursula Sowa, baupolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion fasst zusammen: „Dieses Gewerbegebiet soll noch nach alten Vorstellungen gebaut werden. Warum also nicht à la Hallstadt einen innovativen Cleantech-Park, einen Energiepark wo es in Hirschaid bereits einen Spot gibt oder ein Gründerzentrum für junge Start-Up Unternehmen dagegen setzen. Der Freistaat fördert diese Projekte mit zweistelligen Millionenbeträgen. Nur Mut, Hirschaid!“
UPDATE:
Das Ergebnis steht fest. Die Hirschaider*innen haben entschieden. Mit einer Abstimmungsbeteiligung von von 70,67% haben sich 4036 FÜR den Bau der Wurstfabrik entschieden. 2952 Hirschaider*innen hatten mit NEIN gestimmt. Das ist ingesamt für Hirschaid ein toller Tag, denn eine hohe Beteiligung bei Anliegen vor Ort ist immer ein Gewinn. Ich hätte mir einen anderen Ausgang gewünscht, aber so ist unsere Demokratie gebaut, die Mehrheit entscheidet. Jetzt müssen die restlichen Flächen im Gewerbegebiet erst Recht zu einem Zukunftspark umfunktioniert werden und die Bedingungen, welche Edeka versprochen hat im Zuge des Baus auch umgesetzt werden. Ich hoffe, dass das Gebäude der Wurstfabrik so ökologisch wie möglich wird und die Hirschaider*innen nicht enttäuscht werden.