Deutschland hat das Ziel, bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral zu sein. In Bayern soll dies bereits bis 2040 Realität werden. Das ist sehr ambitioniert. Um das zu erreichen, müssen die Treibhausgasemissionen deutlich runter – insbesondere auch in der Zementindustrie. Denn die Zementindustrie ist ein gewaltiger Klimakiller.
Die Zementindustrie war 2021 für knapp 21 Mio. t CO2 in Deutschland verantwortlich. Das sind etwa 2,7 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen. Aufgrund der mit der Herstellung von Zementklinker verbundenen prozessbedingten CO2- Entstehung gehört die Zementindustrie zu den besonders schwer zu dekarbonisierenden Sektoren. Die Minderung der Treibhausgasemissionen in der Zementindustrie ist daher elementar für das Erreichen der Klimaziele.
Wie die Dekarbonisierung der Zementindustrie gelingen kann, das zeigt das Projekt "DekarbInd" vom Umweltbundesamt. Forschende des Wuppertal Instituts haben zusammen mit dem Fraunhofer ISI Eckpunkte für eine Roadmap zur Dekarbonisierung der Zementindustrie entwickelt, die Anfang des Jahres 2024 veröffentlicht wurden.
Die Roadmap zeigt auf, wie CO2-Emissionen der Zementindustrie in die Atmosphäre möglichst weitgehend vermieden werden können. Zum Beispiel sollten im Klinkerbrennprozess fossile Brennstoffe durch abfallbasierte und erneuerbare Energien wie grüner Strom oder grüner Wasserstoff ersetzt werden. Zum anderen ist die Entwicklung und Markteinführung neuer CO2-reduzierter Zemente und materialeffizienter Betonbautechniken vielversprechend. Sie sollten daher weiter erforscht und frühzeitig in die Anwendung gebracht werden. Politisch braucht es hier entsprechende Rahmenbedingungen, so zum Beispiel die Förderung von CO2-effizienten Bauweisen und die Änderung von Bau- und Produktnormen. Ein weiteres mögliches regulatives Instrument wären Quoten für eine verpflichtende Mindestmenge von CO2-armen Zementen in Bauvorhaben. Die öffentliche Hand sollte zudem als wichtiger Bauträger eine Vorreiter- und Vorbildrolle einnehme und bei staatlichen Bauprojekten klimafreundliche Materialien und CO2-arme Zemente verwenden sowie innovative Betonbautechniken einsetzen. Mögliche informatorische Steuerungsinstrumente wären die Sichtbarmachung und Berechnung des CO2-Fußabdrucks von Bauten über den gesamten Lebenszyklus sowie Gebäudepässe.
Schematische Darstellung technischer CO2-Minderungshebel (orange) entlang der Wertschöpfungskette Zementherstellung und Betonbau
Dort wo Emissionen nicht oder nur sehr schwer vermeidbar sind (insbesondere die prozessbedingten CO2-Emissionen beim Brennen von Zementklinker) werden Carbon Capture and Usage (CCU) und Carbon Capture and Storage (CCS) auch in Betracht gezogen. CCU bezeichnet das Einfangen und die Wiederverwendung von CO2, CCS das Einfangen und die sichere, permanente Lagerung von CO2 in unterirdischen Gesteinsschichten wie dem Meersboden. Insbesondere CCS ist allerdings sehr kritisch zu betrachten. Die CCS-Verfahren sind energieaufwendig, teuer und die dauerhafte und sichere Verwahrung des Gases nicht immer gegeben. Die Endlagerung von CO2 ist keine Lösung für das Klimaproblem. Von der Zielrichtung ist und bleibt CO2-Vermeidung die bessere Alternative!
Es braucht daher eine veränderte Baunachfrage. Wir müssen weg vom Neubau und das Bauen im Bestand forcieren. Wir brauchen andere Bauweisen und Baumaterialien als Beton, um die CO2 Emissionen zu mindern. Wir brauchen eine Bauwende!