Für eine klimagerechte und zeitgemäße Novellierung der Bauordnung
Nach langem Vorlauf liegt nun der Entwurf der schwarz-orangen Landesregierung für ein Gesetz zur Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und zur Beschleunigung sowie Förderung des Wohnungsbaus – kurzum eine Novelle der Bayerischen Bauordnung – vor. Wie schneller, günstiger und mehr gebaut werden kann, war bereits im Oktober 2019 Gegenstand einer Expertenanhörung im Landtag zur Novellierung und Entschlackung der Bayerischen Bauordnung. Schon damals hat sich herauskristallisiert, dass nur wenige landespolitische Stellschrauben dazu beitragen können, Bauen zu vereinfachen und damit Wohnen günstiger zu machen.
Der von der Staatsregierung vorgelegte Entwurf bleibt aber in den entscheidenden Punkten wie Abstandsflächenrecht, Holzbauweise oder Digitalisierung auf halbem Wege stehen. In anderen Punkten wie Stellplatzrecht, Begrünung oder Klimaschutz wälzt man lediglich die Verantwortung auf die Kommunen ab. Mit der Einführung einer Genehmigungsfiktion besteht die Gefahr, Bauvorhaben aufgrund erheblicher rechtlicher Unsicherheiten sogar zu gefährden oder denkmalschutz- sowie naturschutzfachliche Aspekte gänzlich zu vernachlässigen.
Wir Grünen wollen eine moderne, nachhaltige und grüne Bauordnung, die Maßnahmen zum Klimaschutz und Flächensparen vorsieht. Hierfür legen Martin Stümpfig und ich ein umfassendes Antragspaket vor, um an den entscheidenden Stellen der Bauordnung nachzubessern.
Die Änderung der Abstandsregelungen in Art. 6 führt zu einer deutlichen Vereinfachung der bisherigen Regelungen. Damit übernimmt man die Regelung aus der Musterbauordnung, die in anderen Bundesländern bereits Anwendung findet. Durch die Verkürzung der Abstandsflächen auf 0,4 H wird eine bessere Ausnutzung von Grundstücken in der Höhe und zudem die Schaffung von zusätzlichem und dringend benötigtem Wohnraum ermöglicht. Warum die Vereinfachung des Abstandflächenrechts für Städte mit mehr als 250.000 Einwohnern nicht gelten soll, ist jedoch nicht nachvollziehbar. Gerade in Ballungsräumen wird mit einem Standard von 0,4 H die notwendige, sinnvolle und flächensparende Nachverdichtung erst möglich. Noch unverständlicher ist, weshalb das neue Abstandsflächenrecht erst ein Jahr nach Inkrafttreten der Novelle gelten soll. Gerade die Änderung des Abstandsflächenrechts in Städten jeglicher Größenordnung ist ein wichtiger Impuls für den Wohnungsbau sowie für die Wertschöpfungskette der gesamten Bauwirtschaft.
(vgl. Drs. 18/10168)
Mit der Verkürzung der Abstandsflächen auf 0,4 H ist aufgrund der höheren baulichen Dichte absehbar, dass in Siedlungsgebieten potenziell weniger nutzbarer Freiraum zur Verfügung stehen wird. Umso wichtiger wird daher die Qualität des Freiraums sein. Diese Qualität sollte daher mit dem Bauantrag verpflichtend in Form eines qualifizierten Freiflächengestaltungsplans nachgewiesen werden.
(vgl. Drs. 18/10178)
Gleichzeitig wollen wir als Teil einer nachhaltigen, zukunftsorientierten Siedlungsentwicklung die Gebäudebegrünung stärken (vgl. Drs. 18/10169) und es Kommunen ermöglichen, durch örtliche Bauvorschriften Maßnahmen zur Klimaanpassung festzulegen.
(vgl. Drs. 18/10176)
Photovoltaik und Solarthermie sind zwei wichtige Bausteine zur Bekämpfung der Klimakrise. Die Potenziale auf neu zu errichtenden und bestehenden Dächern sind hierbei gewaltig. Die Einsetzung einer Solarpflicht wird in immer mehr Bundesländern praktiziert und ist eine kostengünstige sowie effektive Klimaschutzmaßnahme, die die Bewohnerinnen und Bewohner zudem vor steigenden Preisen für fossile Energieträger schützt.
(vgl. Drs. 18/10172)
Gleichzeitig wollen wir es ermöglichen, mehr Dachflächen für Photovoltaik und Solarthermieanlagen zu nutzen.
(vgl. Drs. 18/10171)
Um die klimafreundliche Energieerzeugung zusätzlich zu unterstützen, wollen wir die Windenergie ausbauen und die 10H-Regelung endlich abschaffen.
(vgl. Drs. 18/10177)
Durch die Einführung einer Genehmigungsfiktion wird ein zeitlich kalkulierbares Genehmigungsverfahren mit verlässlichen Terminabläufen in Aussicht gestellt, letztendlich sind damit jedoch erhebliche rechtliche Unsicherheiten für Bauherr und Planer aufgrund fehlender wichtiger Prüfvorgänge und Genehmigungsauflagen verbunden. Bei den Bauaufsichtsbehörden trägt die Neuregelung zu einer weiteren Bürokratisierung durch zusätzliche Verfahrensakte bei und belastet die ohnehin schon angespannte Personalsituation. Die Folge wird die vermehrte Ablehnung von Bauanträgen und damit verbundene Klageverfahren sein, weshalb wir die Einführung der Genehmigungsfiktion strikt ablehnen.
(vgl. Drs. 18/10175)
Statt abstrakter Fristen sollten die Personalkapazitäten bei den unteren Bauaufsichtsbehörden gestärkt und Genehmigungsverfahren durch Digitalisierungsprozesse beschleunigt werden. Im Zuge der Novellierung wollen wir deshalb schon jetzt den rechtlichen Grundstein für eine flächendeckende Digitalisierung der Baugenehmigungsverfahren in der Bauordnung legen.
(vgl. Drs. 18/10174)
Um die Kosten beim Wohnungsbau spürbar zu senken, wollen wir ein modernes Stellplatzrecht, denn gerade beim öffentlich geförderten Wohnungsbau wirkt die Stellplatzpflicht als Kostentreiber. Die von der Staatsregierung vorgesehene weitere Kommunalisierung des Stellplatzrechts hingegen halten wir für nicht zielführend. Kommunen haben schon jetzt die Möglichkeit, den Stellplatzbedarf über eine Stellplatzsatzung zu reduzieren. Die Erfahrung zeigt, dass die Kommunen von der flexibleren Handhabe der Stellplatzregelung jedoch bisher zu wenig Gebrauch machen.
(vgl. Drs. 18/10173 und Drs. 18/10179)
Bauen mit Holz trägt nicht nur zur Reduktion von CO2-Emmissionen bei, sondern leistet auch einen Beitrag zur raschen Bereitstellung von dringend benötigtem Wohnraum. Ganze Gebäudeteile lassen sich vorfertigen und auf der Baustelle rasch und kostengünstig aufbauen. Außerdem eignet sich Holz hervorragend für den Dachausbau. Zwar kann künftig der Baustoff Holz in allen Gebäudeklassen verwendet werden, der Einsatz in Gebäudeklasse 4 wird aber wiederum erheblich eingeschränkt. Wir wollen deshalb die Einschränkungen auf Funktionalität und Schutzziele beziehen, und nicht auf die Technischen Baubestimmungen.
(vgl. Drs. 18/10170)
Hier findet ihr das Pressepapier und alle gesammelten Änderungsanträge als PDF: