Mit seiner Regierungserklärung vergangene Woche hat Ministerpräsident Söder angekündigt, das Baurecht zu entschlacken und zu vereinfachen. Im Baurecht sollen rund 30 Vorgaben abgeschafft oder gelockert werden, um vor allem den Wohnungsbau wieder anzukurbeln. Ich habe mir seine Ankündigungen genauer unter die Lupe genommen und musste leider feststellen, dass der Ministerpräsident hauptsächlich alten Wein in neuen Schläuchen verkauft hat.
Geplant ist unter anderem die Genehmigungsfreiheit für den Dachgeschossausbau und für die Umwandlung von Büro- in Wohnraum. Mit der Novellierung der Bayerischen Bauordnung (BayBO) 2020 wurden bereits die Verfahrensfreistellungen von „Dachgauben und vergleichbaren Dachaufbauten“ in Art. 57 Abs. 2 Nr. 4 aufgenommen. Dachaufbauten definiert das Gesetz jedoch nicht. Dachaufstockungen sind nicht berücksichtigt, obwohl sie per Definition das teilweise Anheben eines Dachgeschosses meinen. Wir GRÜNE wollen das mit einer Änderung der BayBO hin zu einer Umbauordnung ändern. Was Ministerpräsident Söder nun genau will, bleibt weiterhin unklar.
Eine Vereinfachung bei der Umnutzung von bestehenden Aufenthaltsräumen in bestandsgeschützten Gebäuden zu Wohnräumen wurde ebenfalls im Rahmen der letzten Novelle der BayBO umgesetzt. Inwiefern die Umnutzung von Büroflächen weiter erleichtert werden soll, bleibt offen. Was den Umbau von Gewerbeimmobilien angeht, wurde in einer Anhörung zur Lage und Perspektiven der Bauwirtschaft in Bayern am 16. April 2024 von den von Sachverständigen insbesondere angeregt, Planungsprozesse zu vereinfachen und zu flexibilisieren (im Sinne eines Gebäudetyp-E) sowie eine Änderung von bundesrechtlichen Vorgaben wie das Bundesimmissionsschutzgesetz.
Außerdem sollen die gesetzliche Kfz-Stellplatzpflicht und die Gartensatzungen abgeschafft, sowie die Abstandsflächen flexibilisiert werden. Wie Söder die Abstandsflächen flexibilisieren will, bleibt allerdings unklar. Von vielen Verbänden wird weiterhin die Abschaffung der "Sonderregelung" für Städte mit mehr als 250.000 Einwohner*innen gefordert. Eine Forderung auch von uns GRÜNEN, die wir mit einem Antrag Stellschrauben für bezahlbares Bauen in der Bayerischen Bauordnung anziehen erneut unterstreichen.
Die Streichung landesweiter Stellplatzpflichten hört sich für Bayern geradezu revolutionär an. Auch hier bleibt abzuwarten, was konkret geändert werden soll. Vielleicht nimmt sich Söder ja ein Beispiel an Rot-Grün in Niedersachsen, die gerade die Abschaffung der Pflicht für KfZ-Einstellplätze im Wohnungsbau umsetzen will. Auch diese Forderung unterstreichen wir mit einem Antrag Stellschrauben für bezahlbares Bauen in der Bayerischen Bauordnung anziehen.
Überdies sollen höhere Bagatellgrenzen festgelegt werden, durch die etwa kleinere Terrassenüberdachungen oder Fahrradabstellplätze ohne Genehmigungsverfahren ins Werk gesetzt werden können. Dies ist vernünftig. Beim Thema Vergaberecht kündigte der Ministerpräsident eine „kleine Revolution" an. Für die Dauer von fünf Jahren soll die Volumengrenze für die Vergabe von Bauaufträgen ohne Ausschreibung massiv angehoben werden. Inwiefern Bayern hier einen Alleingang beim Vergaberecht gehen kann, ist allerdings noch fraglich. Letztendlich muss auf Bundesebene Rechtssicherheit geschaffen werden. Mit unserem Antrag Bauwirtschaft krisen- und zukunftsfest machen! haben wir GRÜNE bereits einen Vorschlag gemacht.