Im Rahmen des Symposiums „Internationale Bauausstellung – Innovationsschub für den Freistaat?!“ diskutierten Expert*innen über die Chancen einer IBA in der Metropolregion Nürnberg.
Die seit über 100 Jahren erprobte Internationale Bauausstellung (IBA) setzt häufig da an, wo herkömmliche Werkzeuge der Stadtentwicklung versagen, also bei neuartigen Problemkonstellationen, die kreatives Herangehen und innovative Lösungen erfordern. Städte und Regionen können zu Reallaboren werden: Andere Wege und Ebenen der Organisation und Kommunikation sind möglich, wie schnellere Entscheidungen und andere Budgets.
In Bayern gab es bislang noch keine Internationale Bauausstellung. Die Stadt München plant gerade eine IBA in der Münchner Metropolregion unter dem Leitthema „Räume der Mobilität“. Eine Machbarkeitsstudie lotet die finanziellen Voraussetzungen aus und zeigt, was eine IBA für die Region erbringen könnte. Doch nicht nur für München und Umgebung böte eine IBA große Potenziale, sondern für ganz Bayern: Auch in der Metropolregion Nürnberg könnten durch eine IBA innovative Projekte verwirklicht und räumliche Entwicklungen angestoßen werden.
Im Rahmen eines Symposiums hat unsere baupolitische Sprecherin, Ursula Sowa, zusammen mit Expertinnen und Experten über Erfahrungen mit bisherigen Internationalen Bauausstellungen sowie über Voraussetzungen und Chancen einer IBA in der Metropolregion Nürnberg diskutiert.
Eine Internationale Bauausstellung könne in Nürnbergs Stadtplanung und -entwicklung wichtige Impulse setzen, konstatierte Verena Osgyan, unsere Landtagsabgeordnete für Nürnberg Stadt, in ihrer Begrüßung. Nürnberg sei vom Leitbild der Autogerechten Stadt geprägt. Um der Vision einer lebenswerten Stadt näher zu kommen, müsse diese überkommene Infrastruktur zum Teil zurückgebaut werden. Sie betonte, dass Nürnberg ein facettenreiches baukulturelles Erbe habe, an dem eine IBA ansetzen könnte. Spannende Anstöße für eine IBA würden die Themen Industriekultur und Wissenschaftsstadt liefern. Weitere Leitfragen für eine IBA in der Stadt lauteten, wie Nürnberg klimagerechter und grüner werden könne.
Einen praktischen Erfahrungsbericht aus der Anfangsphase einer IBA lieferte Andreas Hofer, Intendant der IBA StadtRegion Stuttgart. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Internationalen Bauausstellung in der Weißenhofsiedlung wurde in Stuttgart und der umliegenden Stadtregion 2015 erneut eine IBA ausgerufen. Um eine breite Beteiligung von Anfang an zu garantieren, wurde ein Plattformprozess mit mehreren 100 Menschen durchgeführt. Partizipation wird weiterhin großgeschrieben, denn die IBA gehöre laut Hofer den Menschen der Stadtregion. Auch deswegen habe er sich geweigert, der IBA ein Leitthema vorzugeben. Aus der Zusammenarbeit mit Kommunen, Privatinvestoren, Hochschulen und zivilgesellschaftlichen Akteuren sind nach einem Jahr fünf Themen entstanden: „Die produktive Stadt“, „Die Zukunft der Zentren“, „Orte der Bewegung und Begegnung“, „Der Neckar als Lebensraum“ und „Der Umgang mit dem Erbe der Moderne“. Zentrales Anliegen der IBA sei es laut Hofer, die Transition von einem Industriezeitalter in das nächste würdig zu gestalten. Aktuell laufen bereits 80 Projekte, erste Wettbewerbe werden ausgeschrieben.
Eine Übersicht, über die Städte und Regionen, in denen es bereits eine IBA gab und aktuell gibt, lieferte Prof. Dipl.-Ing. Angela Mensing-de Jong, Lehrstuhlinhaberin der Professur für Städtebau an der TU Dresden und Moderatorin der Evaluierung der IBA Stadtumbau Sachsen-Anhalt. Wichtige Entwicklungsschritte markierten die IBA in Berlin 1987, die erstmals das Thema Bürgerbeteiligung einführte, sowie die IBA Emscher Park, die erste regionale IBA. Mensing-de Jong sprach jedoch auch Internationale Bauausstellungen an, die weniger erfolgreich blieben: Dazu zählt beispielsweise die IBA See im ehemaligen Bergbaugebiet in der Lausitz, die keine wirtschaftliche Basis schaffen konnte. Auch die aktuell laufende IBA in Thüringen stehe vor Problemen, da ihr bis dato genügend finanzielle Ausstattung und politische Rückendeckung fehle. Angesichts der Fülle der derzeit laufenden IBAs müsse grundsätzlich die Frage geklärt werden, wie viele von ihnen parallel laufen sollten. Allen Herausforderungen zum Trotz böte das Sonderformat IBA weiterhin große Potenziale: die Verankerung einer neuen Planungs- und Baukultur, die Etablierung neuer Organisationsformen und der Modellcharakter für andere Städte und Regionen.
Von der IBA als Instrument der Baukultur sprach anschließend Reiner Nagel, Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur und Mitglied im IBA Expertenrat. Ohne es zu merken, sei unsere Gesellschaft derzeit in einer Phase aktivster Stadtentwicklung. Es werde angestrebt, die Stadt des Blickkontakts und des menschlichen Maßstabes zu bauen. Die derzeitige „IBA-Inflation“ sei der Versuch, sich die Freiheit zum integrierten Bauen und Planen zu verschaffen. Eine IBA könne man zwar einfach ausrufen, damit seien jedoch ein hoher Anspruch und Verantwortung verbunden. Jede IBA müsse Exklusivität wahren und das Format nicht zu allgemein werden lassen. Daher sollte die Ausrufung einer IBA wohlüberlegt sein. Auch andere Formate wie die „Regionale“, „BUGA“ oder IGA“ würden sich für die Qualifizierung von Planungsprozessen eignen, so Nagel.
Im Anschluss an die Vorträge diskutierten die Referent*innen unter der Moderation von Ursula Sowa mit wichtigen Akteur*innen aus Nürnberg die Chancen einer IBA für die Metropolregion Nürnberg: Dr. Christa Standecker, Geschäftsführerin der Metropolregion Nürnberg, Daniel F. Ulrich, Planungs- und Baureferent der Stadt Nürnberg und Monika Krannich-Pöhler, bau- und planungspolitische Sprecherin der grünen Stadtratsfraktion Nürnberg. Daniel F. Ulrich unterstrich die Wichtigkeit, ein klares Ziel zu definieren. Zentral für die Stadt der Zukunft sei das Thema Mobilität, welches im Rahmen einer IBA neugedacht werden könnte. Nürnberg, so Dr. Christa Standecker lebe von den Verflechtungen mit den Kommunen in der Metropolregion. Die Grundfrage für eine IBA in der Region sei, wie dieses polyzentrische Netzwerk auf Augenhöhe gestärkt werden können. Monika Krannich-Pöhler sieht die Chance einer IBA darin, das Thema „Baukultur“ in die Gesellschaft zu bringen.
Ursula Sowa wünscht sich, dass Nürnberg und weitere Kommunen in der Metropolregion auf den IBA-Zug aufspringen. Zur Konkretisierung der Ideen sowie um eine Projekt-, Organisations- und Finanzierungsstruktur für den IBA-Prozess zu entwickeln, braucht es aber die Unterstützung durch den Freistaat. Dazu hat die Grüne-Landtagsfraktion einen Antrag in den Landtag eingebracht.
Wer selbst Ideen zur IBA hat, ist herzlich eingeladen, sich damit an Ursula Sowa zu wenden. Kontakt: iba@ursula-sowa.de
Zum Download:
Präsentation von Prof. Angela Mensing-de Jong zum Thema „Internationale Bauausstellungen als Zukunftslabor für die Entwicklung einer Region“
Präsentation von Reiner Nagel zum Thema „IBA als Instrument der Baukultur“
Fotos: Bernhard Löw